Kochabitur bestanden!
Ilse, Lisa und Guilgal, drei Schülerinnen aus Großbritannien, dem Irak und dem Kongo, lieben die Gerichte aus der Heimat ihrer Familien. Vor der Kamera möchten sie die Rezepte nun in der Küche ihrer Schule in Hannover nachkochen. Klar, dass alle drei etwas aufgeregt sind.
Foto(s): Frederik Röh
Ilse Ashton-Ribbe
Ilse stammt aus London, lebt in Hannover bei ihrer deutschen Mutter, einer bekannten Fotografin, und möchte etwas im Bereich Mode studieren. In den Ferien ist sie oft in Cornwall, wo ihr englischer Vater zu Hause ist. Dessen Vater war Koch, und die Rezepte des Großvaters werden in der Familie geliebt und haben Tradition. Ilse möchte als Vorspeise die leckeren Pasteten backen, die sie aus Cornwall kennt. „An der Küste dort surfen wir oft, und danach essen wir die Pasties immer als kleinen Snack am Strand“, erzählt sie.
Lisa Khedir
Die große Familie von Lisa stammt aus der Stadt Shekhan im kurdischen Teil des Nord-Irak. Da viele Verwandte ihres Vaters bereits in Hannover lebten, kam auch Lisa mit ihren Eltern und ihren fünf Geschwistern, drei Jungen und zwei Mädchen, vor rund zehn Jahren hierher. Ihre Eltern sind Geschäftsleute. Sie selbst möchte nach dem Abitur ein Jahr lang Pause machen, um zu reisen, und danach in Hannover Jura studieren. Sie kocht gern für ihre Familie, liest mit Vorliebe romantische Bücher und schaut Serien.
Guilgal Menga
„Lingala“ heißt die Nationalsprache im Kongo, die Guilgal gut beherrscht. Ihre Eltern leben zwar schon seit über 30 Jahren in Hannover, und sie wurde hier geboren, aber in der Demokratischen Republik Kongo hat die Familie noch Verwandte. Guilgal interessiert sich sehr für Design und möchte Innenarchitektin werden. Ihr sportliches Hobby ist Cheerleading, sie kocht gern und probiert auch neue Gerichte aus. Im Kongo sind Plantains, die Kochbananen-Chips, als Streetfood ein beliebter Snack, der überall verkauft wird.

Aber es gibt ja Claudio, der mitten im Trubel immer den Überblick behält. „Claudio, kannst du bitte mal …?“ „Claudio, weißt du, wo …?“ „Claudio, ist das okay so?“ Claudio Calderon ist der Geschäftsführer, das Herz und der Motor von Cafeteria und Schulküche der Sekundarstufe 2 an der Integrierten Gesamtschule Hannover-Linden. Er ist hier der Gastgeber, die Küche ist sein Reich, und wer von den Schülerinnen und Schülern Hunger und Durst hat, ist bei ihm an der richtigen Adresse. Bei der heutigen internationalen Kochrunde ist Claudio auch immens wichtig. Ilse, Lisa und Guilgal, die drei 17-jährigen Hobbyköchinnen aus der zwölften Klasse, die gemeinsam Abitur machen wollen, sind zwar durchaus selbstständig, selbstbewusst und wissen, was und wie sie kochen wollen. Aber im Zweifel heißt es auch bei ihnen immer wieder: Claudio fragen! Der hat das Ganze nicht nur organisiert und die Schulküche zur Verfügung gestellt. Er ist auch Ansprechpartner, Ratgeber, Kochexperte, Vorkoster, der ruhende Pol und die starke Schulter für alle Fälle.

Alle drei haben überlegt, was sie für Hierleben kochen wollen. Ilse hat drei Gerichte, die sie gern kocht. Dazu gehört Guacamole, also Avocadopaste mit Tomaten, Frischkäse und Nudeln, oder Nudeln mit Sahnesoße. Heute führt sie ihre englischen Pasteten vor und bittet Lisa und Guilgal, ihr beim Kartoffelschälen und Möhrenschneiden zu helfen. Da nun alle mit Messern ausgerüstet sind, werden auch gleich Lisas Auberginen und Guilgals Kochbananen zerkleinert. Können die an der Luft liegen bleiben? „Ja“, sagt Guilgal, „das sind Kochbananen. Die können ruhig etwas braun werden, denn dann schmecken sie sogar süßer. Meine Mutter bestreut sie vor dem Frittieren noch mit Salz, dann werden sie auch noch süßer. Aber das mag ich nicht.“
Für die musikalische Untermalung der Kochrunde sorgt ein Mitschüler, der am Klavier in der Cafeteria Platz genommen hat und gekonnt improvisiert. Eine schöne Stimmung – daher möchte Ilse auch nicht weinen. Sie bittet Claudio: „Kannst du meine Zwiebeln schneiden?“ Lisa meldet sich freiwillig. Für ihr Rezept braucht sie auch Zwiebelwürfel, die sie ganz fein und klein schneidet. Nach dieser Schnippel-Aktion versammelt sich alles um den Herd in Claudios Küche, der Töpfe und Pfannen aus den Schränken holt. Ilse sucht sich einen kleinen Teller zum Ausschneiden der Teigstücke für ihre Pasteten. Claudio wollte sie überzeugen, den Blätterteig selbst zuzubereiten, aber Ilse denkt lieber praktisch und hat eine Packung fertigen Teig besorgt. Den muss sie jetzt nur noch aus ausrollen und ausstechen. Danach kann sie sich um die Zubereitung der Füllung kümmern, die schön cremig-weich gekocht werden muss. Dazu Ilses Kommentar: „Ich weiß, wann es fertig ist, aber nicht, wie lange es dauert.“
Es wird eng am Herd, denn alle rühren in ihren Töpfen. Dann legt Lisa ihre Auberginen auf ein Backblech, bestreut sie mit jeweils einer Prise Salz und beträufelt sie mit Öl. Claudio heizt im Nebenraum die Backöfen vor. Dank seiner Regie klappt alles wie am Schnürchen; alles wird rechtzeitig gar, nichts brennt an. Lisa legt Wert auf ein perfekt zubereitetes Hauptgericht und zaubert noch schnell die im Nahen Osten selbstverständlichen Zutaten – Reis und einen gemischten Salat mit Essig und Öl. Als letzte frittiert Guilgal ihre Bananen und die Quarkbällchen, denn beides geht schnell und sollte noch warm gegessen werden. Kaum steht das Essen auf dem Tisch, füllt sich plötzlich der Raum. Freundinnen und Freunde der drei Mädchen wurden von den leckeren Essensdüften angelockt und sind nun eingeladen, mitzuessen. Alle Gerichte werden sehr gelobt, die Köchinnen sind stolz, Claudio trinkt zur Entspannung einen Kaffee. Als das Dessert, die Plantains-Chips und die mit Puderzucker bestreuten Quarkbällchen, auf den Tisch kommt, heißt es schnell sein. Ruck, zuck sind die Platten leer. „Mikate gibt es im Kongo auch mit Ingwer, und zu Hause essen wir sie nicht mit Puderzucker, sondern bestreichen sie mit Erdnussbutter“, erzählt Guilgal. Ein guter Tipp. Das lohnt sich, auch einmal auszuprobieren.
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