Iran, Usbekistan und Türkei: Bevor die drei Frauen mit dem Kochen beginnen, wird im Internet kurz gecheckt, wie weit ihre Heimatländer eigentlich voneinander entfernt liegen. „Ach guck, sie liegen wie in einem Dreieck zueinander“, sagt Sevilya. „Und wir gehören alle zum Türkvolk, haben also bestimmt auch Gemeinsamkeiten beim Kochen.“ Sevilya, Wida und Hatice legen nun los und erzählen kurz, was sie zubereiten. „Ich mache eine Gerstensuppe mit Hähnchen und habe zu Hause schon einiges vorbereitet“, sagt Wida. Tatsächlich müssen die Gerstenkörner mindestens drei Stunden in Wasser eingeweicht werden. Die Iranerin hat auch viel Gemüse wie Paprika, Mais und Champignons dabei, denn sie mag es gesund. „Und Kräuter – die schmecken am besten aus dem Iran. Meine Schwester schickt mir alle drei Monate Nachschub.“ Sevilya macht Teigtaschen mit Lammfleisch als Hauptspeise und hat ebenfalls Gewürze aus der Heimat mitgebracht. „Hier in Deutschland ist der Kreuzkümmel grün – das geht nicht, man muss ihn also in türkischen Geschäften kaufen oder aus Usbekistan kommen lassen.“ Energisch zerdrückt die 35-Jährige den braunen Kreuzkümmel mit dem Mörser, und alle drei saugen den herrlichen Duft ein.
Hatice ist für die süße Nachspeise zuständig und zieht für ihre Künefe die Teigfäden namens Engelshaar auseinander. Die Besonderheit bei ihrer Nachspeise ist der enthaltene Mozzarella. „Das Süße zusammen mit dem Käse: Das ist eine irre Kombi“, sagt die Mönkebergerin. „Selbst deutsche Freunde mögen es.“ Und wenn Hatice es zu Hause für ihren Mann und die beiden Kinder macht, dann ist die Künefe ratzfatz aufgegessen. Hatice backt und kocht gern, aber wenn sie in die Türkei in den Urlaub fährt, dann lässt sie sich von ihrer Mama, die dort immer mehrere Monate im Jahr verbringt, mit landestypischer Hausmannskost verwöhnen.
Heimat – das ist ein schönes Wort. Und eine schöne Erinnerung. Sevilya ist in einer kleinen Stadt in der Nähe der Hauptstadt Taschkent groß geworden und kam in der Schule mit vielen Kulturen zusammen. Was sie noch über ihr Geburtsland sagen kann? „Usbekistan ist ein heißes Land, da kann es 50 Grad warm werden. Der Aralsee ist inzwischen fast ausgetrocknet.“ Während Sevilya erzählt, rollt sie den selbst gemachten Teig aus, formt dann eine Rolle und schlägt sie immer wieder auf den Küchentisch. „Puh, ist mir warm, ich habe hier den anstrengendsten Job“, sagt sie und lacht. Hatice ist schon fertig mit dem Schichten der Künefe und hilft der Jüngsten im Trio bei der aufwendigen Hauptspeise. Für die Soße müssen Paprika mit der Küchenmaschine zerkleinert und Knoblauchzehen geschnitten werden. Fünf Zehen kommen hinein. „Normalerweise nehme ich zehn“, sagt Sevilya und grinst.
Wida zerrupft das vorgegarte Hähnchenfleisch und gibt es zu ihrer Gerstensuppe. Nach und nach füllt sie Milch dazu. „Heute habe ich übrigens zum ersten Mal in meinem Leben etwas abgewogen“, erzählt die Krankenschwester und lacht wieder herzlich. „Ich koche sonst nur mit den Augen.“ Auch die gebürtige Teheranerin ist nun fertig und hilft, die Teigtaschen für die Hauptspeise zu formen. „Bitte keine Taschen, es müssen Dreiecke werden“, sagt Sevilya, die ganz genaue Vorstellungen hat. Hatice stellt fest, dass die kleinen Teile wie türkische Tortillas aussehen.
Die Küche ist mittlerweile voller Düfte aus aller Welt, die Mägen knurren schon, und nach einer langen, langen Zeit (Sevilya: „Sorry, meine Schuld“) kann serviert werden. Die Suppe erinnert an deutsches Hühnerfrikassee, nur mit viel mehr Geschmack und Gewürzen. Die Teigtaschen sind von außen herrlich knusprig, von innen zart und zwiebelig. Die Nachspeise mit dem Engelshaar und dem Zuckersirup sorgt für den krönenden Abschluss. Die drei Frauen, die sich vorher so gut wie gar nicht kannten, plaudern und lachen, tauschen Erlebnisse aus und finden immer wieder Gemeinsamkeiten. Alle drei lesen zum Beispiel gern. Sevilya und Hatice stellen beide in ihrer Freizeit aufwendige Motivtorten her, die auf den Handyfotos so toll aussehen, als kämen sie direkt vom Konditor. Zum Abschied drücken sich alle herzlich. Immer wieder bereichernd, diese Kochrunden.
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