Scharf, süß und international
Vietnam, Mexiko und Österreich: Bei dieser Kochrunde kommen Vor-, Haupt- und Nachspeise von drei verschiedenen Kontinenten. Gekocht wird im Kieler Hotel Birke, wo alle aus diesem Trio arbeiten. Der Geschäftsführer brutzelt mit dem jungen Nachwuchs – ein ungewöhnliches und sehr herzliches Team.
Foto(s): Henrik Matzen
My Nguyen
My ist die jüngste im Kochtrio: Die Vietnamesin ist 24 Jahre alt, formt aber ihre Rollen aus Reispapier mit einer Gelassenheit, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. „Kochen habe ich von meiner Mama gelernt“, sagt My strahlend. Die deutsche Küche findet die Vietnamesin etwas gewöhnungsbedürftig: „Hier gibt es ja nur Kartoffeln“, sagt sie schmunzelnd. In ihrer Heimat werden viel Pfeffer, Kaffee und Avocados angebaut. My kam zum Studieren nach Kiel, hat sich nun aber für eine Ausbildung im Hotel Birke entschieden.
Delia Kremer
Die Mexikanerin lernt erst seit einem Jahr Deutsch, und man kann sich schon ganz hervorragend mit ihr unterhalten – beeindruckend. „Mein Mann kommt aus Kiel, und wir reden nur Deutsch“, erklärt die 26-Jährige ihre enorm schnellen Fortschritte. Delia freut sich, heute beim Kochen etwas aus ihrer Heimat zu zeigen. „In Mexiko benutzen wir mehr Mais und Gemüse als hier. Und wir kochen scharf, sehr scharf.“ Delia hat in Mexiko Tourismus und Betriebswirtschaft studiert und arbeitet nun im Hotel Birke als Hotelfachfrau an der Rezeption.
Florian Buchebner
Österreicher können ja bekanntlich tolle Nachspeisen machen, und so zaubert Florian Buchebner heute ratzfatz fluffige Salzburger Nockerln auf den Tisch. Der 41-Jährige kommt aus Leoben in der Steiermark, lernte in Amerika seine deutsche Frau kennen und lebt nun schon seit Langem mit seiner Familie in Kiel. Seit 2014 ist er der Geschäftsführer des Vier-Sterne-Superior-Hotels Birke. Heute beim Kochen merkt man überhaupt nicht, dass er der Chef ist. Gut gelaunt und per du: Florian genießt die Stunden in der Küche und packt überall mit an.

Zum ersten Mal findet die internationale Kochrunde von Hierleben in einer Hotelküche statt – und das bei laufendem Betrieb. My, Delia und Florian müssen sich ein bisschen Platz schaffen, um ihre Zutaten auszubreiten. My macht die Vorspeise: Rollen aus Reispapier mit Garnelen, Schweinefleisch und Reisnudeln. Die Mexikanerin Delia packt alles für ihre Tacos aus, und der Österreicher Florian trennt schon seine vielen Eier für die süße Nachspeise Salzburger Nockerln. Auf dem Handy zeigt er den anderen, wie sein Ofengericht am Ende aussehen soll: Schwungvolle Teigwellen sind zu sehen. „Wir Österreicher machen Nachspeisen ja gerne mit Ei: Buchteln, Kaiserschmarrn, Marillenknödel, Mohr im Hemd … – heißt das überhaupt noch so?“ Florian lacht. Zumindest sind die österreichischen Nachspeisen gern gehaltvoll. „Gut zum Skifahren! Das mache ich mit meiner Familie auch oft. Meine Tochter stand schon im Kindergartenalter auf den Skiern.“ Seit vielen Jahren hat Florian die Berge gegen das Meer ausgetauscht. Auch nicht schlecht: Hier kann der 41-Jährige nun surfen – und sich um das Hotel Birke mit seinem schönen Wellnessbereich und erlesener Kochkunst kümmern. Was ihm dort wichtig ist, liest sich direkt auf seiner Schürze: „Feinheimisch“. Im zugehörigen Restaurant Fischers Fritz wird regional und qualitativ hochwertig gekocht. „Ich freue mich, dass immer mehr Gäste das Konzept des Vereins ‚Feinheimisch‘ wertschätzen und verstehen, dass Regionalität, Qualität und Handarbeit mehr kosten als Convenience-Produkte.“

In einer anderen Ecke der Küche rollt die Vietnamesin My in aller Seelenruhe ihre „Sommerrollen“. So nennt die 24-Jährige die Kreation aus Garnelen, Schweinefleisch, Thai-Basilikum, Koriander und etlichen anderen spannenden Zutaten. Kollegen aus dem Hotel schauen der jungen Frau immer wieder über die Schulter und bewundern die kleinen Kunstwerke. My ist fingerfertig und kreativ, malt und näht in ihrer Freizeit. Sie könnte auch Köchin werden, lächelt sie, hat sich aber für eine Ausbildung zur Restaurant- und Veranstaltungskauffrau entschlossen. „Immerhin hat eine Tante von mir ein SushiRestaurant in Berlin“, erzählt sie. Chef Florian Buchebner wird hellhörig und möchte gleich die Adresse, um beim nächsten Berlin-Besuch einen Abstecher dorthin zu machen. My erzählt von ihrer Heimat: Aufgewachsen ist sie nahe Dak Nong im Süden Vietnams. „Da ist es wärmer und nicht so windig. Und wir haben viele Berge.“ Sie ist noch gar nicht so lange in Deutschland und vermisst ihre Familie. Ein Flugticket hin und zurück kostet allerdings 1.000 Euro.
Die dritte im Bunde ist die fröhliche Mexikanerin Delia. Ihre Tacos dauern heute am längsten, denn das Hähnchenfleisch wird 40 Minuten gekocht und dann mit zwei Gabeln in kleine Stücke gezupft. Die 26-Jährige greift zu der Dose mit Chipotles, eine scharfe Soße, die alle einmal testen. Uah, da braucht man direkt etwas zum Nachspülen. Delia lacht sich kaputt – für sie ist das Scharfe ganz normal. Sie wirbelt mit Zwiebeln, Knoblauch und Chili und zaubert einen Dip aus Crème fraîche, saurer Sahne und Limettensaft. „Zu Hause kocht mein Mann“, verrät sie. Delia hat Lust, sich schnell zu integrieren, gibt Gas beim Deutschlernen und freut sich, Kollegen kennenzulernen. Aber ihre mexikanische Heimat in Hidalgo nördlich von Mexiko-Stadt, ihre Eltern, ihre drei Geschwister – all das trägt sie ganz tief in ihrem Herzen.
„Soll ich ein bisschen helfen beim Salat?“, fragt Florian seine junge Mitarbeiterin Delia. Es ist schön zu sehen, wie hier alle miteinander schnippeln und kochen. Auch das Fleisch von Delia hat der Geschäftsführer im Blick und gießt reichlich Olivenöl nach. „Nicht so viel“, ruft die Mexikanerin empört. Florian Buchebner ist es gewohnt, mit vielen unterschiedlichen Menschen und Kulturen zusammenzuarbeiten. „Im Hotel Birke haben wir ein Team aus 19 Nationen, zum Beispiel Menschen aus Syrien, Eritrea, Thailand, Japan, USA, Polen und Kasachstan“, sagt der Chef stolz. „Unser Koch aus Syrien macht immer ganz tolle Salate. Oder beim Fingerfood im Catering, da bringen sich auch immer viele Nationen ein.“ Das Kochtrio von heute ist nun fertig und tischt auf. Drei typische Gerichte aus Ländern von drei verschiedenen Kontinenten: My, Delia und Florian lassen sich die internationale Mischung schmecken.
Rezepte