Wenn Männer kochen …
… kommt manchmal eine wilde Mischung aus verschiedenen Kochkulturen zusammen. Zumindest, wenn drei Flensburger aus Dänemark, den Niederlanden und dem Iran die Kochschürze umbinden. Die Genussspanne reicht von nordisch-experimentell über traditionell-europäisch bis zu orientalisch-unwiderstehlich. 
Foto(s): Henrik Matzen
Bent Adamsen
Wo seine Heimat ist, kann der Däne Bent nicht so genau beantworten, denn er ist durch und durch Europäer: Viele Jahrzehnte hat er beim Europäischen Parlament als Beamter gearbeitet, er spricht fünf Sprachen fließend. „Als ich in den Ruhestand ging, habe ich mich gefragt, wo ich leben möchte. Dann habe ich in Flensburg zufällig ein Haus mit großem Garten entdeckt – perfekt für meine Leidenschaft als Hobbygärtner“, verrät der 74-Jährige. Frisch geerntetes Gemüse verarbeitet Bent gern für Gerichte der neuen nordischen Küche in großer Runde mit Freunden.
Kees van den Bos
Für die Kochrunde musste der Käpt‘n aus den Niederlanden ein wenig um Geduld bitten: Mit dem in Flensburg beheimateten Segelschiff „Providentia“ von 1895 war Kees im Spätsommer zwei Monate auf See unterwegs. „Wir haben auf unserem Zweimaster häufig Schulklassen und Jugendgruppen an Bord und segeln auf der ganzen Ostsee.“ Dabei lernen die jungen Menschen Teamwork kennen und nicht zuletzt, wie man in der Kombüse ein leckeres Essen zubereitet. Ein typisch holländisches Gericht, das auch Seeleute lieben, hat der 64-Jährige für die Kochrunde ausgewählt.
Masoud Behbehani
Masoud macht die international erfahrene Runde perfekt. Der gebürtige Iraner kam 1987 nach Flensburg, später machte sich der Computerexperte mit einem IT-Unternehmen in Hamburg selbstständig. „In Flensburg bin ich mit meiner Familie zu Hause“, erzählt der 64-Jährige, der die vielen orientalischen Gerichte aus seiner Kindheit auch heute noch gern zubereitet. Die Männerrunde überraschte er mit einem Nachtisch, für den Masoud lieblich duftende Rosenblüten mitgebracht hat. Damit gab er den anderen zunächst Rätsel auf …
Gastgeber Bent kocht für sein Leben gern: Seine Küche ist groß und luftig und bietet genug Platz fürs Zubereiten – beste Voraussetzungen, wenn drei Männer den Versuch starten, drei Gänge gleichzeitig zu zaubern. „Ich hoffe, ich habe genug für alle eingekauft“, meint der gebürtige Däne selbstkritisch, denn er kocht sonst gern für Freunde in größerer Runde. Heute will er für seine Vorspeise ein innovatives Rezept der Neuen Nordischen Küche kreieren – einen Salat mit zwei verschiedenen Reissorten und Kichererbsen. „Zur Sicherheit bereite ich zusätzlich ein Carpaccio aus Roter Bete mit Fetakäse, Apfelsinen- und Zitronensaft zu. Dann müsste es für alle reichen!“
Auch Kees, der holländische Seebär, und der Genussmensch Masoud haben sich gut vorbereitet: In Körben und Taschen bringen sie sämtliche Zutaten und Gewürze mit. Auf einem Spickzettel hat Kees sein Rezept notiert, es soll ein deftiges Kartoffelgericht aus seiner Heimat werden. „Stamppot kennt jedes Kind in den Niederlanden. An Bord unseres Segelschiffes lässt es sich schnell zubereiten. Gestampfte Kartoffeln werden traditionell in vielen Variationen gegessen: Im Sommer etwas leichter mit Salaten, im Winter gerne mit deftiger holländischer Rookworst“, erzählt der Skipper mit dem sympathischen holländischen Akzent, der ein wenig an Rudi Carrell erinnert. „Wir haben im Iran so viel leckeres Essen – es fällt mir schwer, ein Dessert auszusuchen“, erzählt Masoud, der als „Beweis“ ein dickes, deutschsprachiges Kochbuch mit traditionellen persischen Rezepten aufschlägt. Die Lieblingsessen aus seiner Kindheit, die seine Mutter zubereitet hat, haben ihn inspiriert. Jetzt überrascht er seine Familie in Flensburg gern mit orientalischem Gaumenkitzel. „Dazu gehört auch der Gewürzkuchen mit einem ganz besonderen Sahnetopping – es wird mit Rosenwasser verfeinert“, verrät Masoud. Dann öffnet er eine Dose und lässt alle mal schnuppern: Feine Rosenblüten verströmen einen betörenden Duft. „Aber wofür brauchst du sie? Kann man die Blüten tatsächlich essen?“, fragen die anderen. Masoud schmunzelt. Das Geheimnis will er später lüften.
Während Gastgeber Bent für seinen leichten Reissalat als „Appetizer“ alles sorgfältig vorbereitet hat, wird schnell klar, dass die Männerrunde mit dem Nachtisch anfangen muss: „Der Gewürzkuchen backt ja eine Stunde lang im Ofen“, erklärt Hobbykoch Masoud. Also an die Arbeit: Zunächst bereitet er den Teig aus Butter, Eiern, Zucker und Vanille vor, legt die Gewürze bereit, hackt Pistazienkerne klein. Die anderen unterstützen ihn, schälen und reiben Möhren. Zimtduft erfüllt die Küche und macht schon mal Appetit auf das süße Finale. Der Ofen ist vorgeheizt, der Kuchen kann hinein. „Jetzt kommt das i-Tüpfelchen“, sagt Masoud und lässt alle vom Rosenwasser probieren, das er für die Sahne braucht. Das Leckerli kommt aber erst später auf den lauwarmen Gewürzkuchen, kurz bevor er serviert wird.
Inzwischen wird an mehreren Stellen in der großen Küche gleichzeitig geschnippelt, gerührt und geköchelt. Bent legt letzte Hand an seine Vorspeise und hat die beiden Reissorten bereits fertig gekocht – den schwarzen Wildreis ebenso wie den Basmatireis. „Die Kichererbsen habe ich schon über Nacht in Wasser eingelegt und gekocht. Die kann ich gleich verwenden.“ Auch Kees hat die Kartoffeln für seinen Stamppot bereits zum Kochen auf den Herd gestellt. Dann lässt er den weißen Speck in der Pfanne brutzeln, denn es soll ja deftig munden. Per Hand stampft er schließlich die Kartoffeln und rührt alle Zutaten nach und nach unter. Nach zwei Stunden heißt es: „Alles fertig zum Schlemmen!“
Bent bittet an den schön gedeckten Tisch im Esszimmer und kredenzt schon zur Vorspeise einen feinen Rotwein. Die Schlemmerrunde ist sich schnell einig: Die kulinarischen Gegensätze ergänzen sich bestens. Zum Dessert krönt Masoud seinen Gewürzkuchen auf den Tellern mit einem dicken Klacks Rosenwassersahne, streut Pistazien darüber und dazu die kleinen Rosenblüten als Hingucker. „Sie sind leider nicht zum Essen geeignet“, lüftet Masoud das Rätsel des Tages. Aber das Auge isst schließlich mit!
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