Deftiger Seelenwärmer
Allein der Gedanke an das zartrosafarbene Fleisch mit dem sanften Raucharoma entlockt vielen ein schwärmerisches „Mmh!“, und Grünkohlgerichte sind ohne diesen Klassiker nur eine halbe Sache: Keine Frage, es geht um Kasseler. Die deftige Spezialität wärmt gerade in der dunklen Jahreszeit Bauch und Seele.
Foto(s): Frederik Röh, Henrik Matzen
„Ich liebe Kasseler! Es ist lecker und leicht zu handhaben. Besonders mag ich Kasselerbraten mit Ananas: Einfach das Fleisch etwas anschneiden und frische Ananasscheiben dazwischen legen. Dann bei 160 Grad für 45 Minuten in den Ofen – perfekt!“
Stefan Laatsch, Fleischexperte im Markant-Markt Kiel/Alte Weide
Kasseler ist über mehrere Tage gepökeltes und dann über Buchenholz kurz heißgeräuchertes Schweinefleisch aus Rippe, Nacken, Schulter oder Bauch des Tieres. Das Pökeln verleiht dem Fleisch seine charakteristische rosa Farbe. Je nach verwendetem Teilstück gibt es Kasseler von mager bis durchwachsen. Durch das Pökeln und Räuchern ist es bereits vorgegart und braucht vor dem Verzehr nur noch eine kurze Garzeit.
Kassler oder Kasseler?
Um es gleich vorwegzunehmen: Kasseler hat mit der Stadt Kassel nichts zu tun, was manche Orthografie-Profis schon in der Schreibweise ausdrücken. Bei ihnen heißt der köstliche Braten Kassler und die Einwohner der nordhessischen Stadt heißen Kasseler (oder auch Kasselaner) – obwohl der Duden jeweils beides als richtig zulässt. Um die Verwirrung perfekt zu machen, bereitet oft auch noch der richtige Artikel Probleme: der oder das Kasseler? Richtig liegt man mit „das Kasseler“ beim Fleisch und „der Kasseler“ bei der männlichen Person. Ungeachtet des Schreibweisendschungels ist klar: Die Stadt Kassel hat sicherlich nichts gegen die Werbung durch das beliebte Fleischgericht einzuwenden. Die am häufigsten zitierte – aber nicht belegbare – Entstehungsgeschichte zum Kasseler besagt, dass im Jahr 1862 ein Berliner Metzgermeister namens Cassel Schweinefleisch auf besondere Art zubereitete: Er pökelte die Bratenstücke zuerst und räucherte sie anschließend, was im Zeitalter vor dem Kühlschrank eine perfekte Methode war, um Fleisch länger haltbar zu machen. Zwar waren Pökeln und Räuchern damals nichts Neues und wurden vielerorts praktiziert, aber offenbar schmeckte das Fleisch des guten Herrn Cassel besonders lecker und bescherte ihm dadurch weit über die Hauptstadt des Deutschen Kaiserreichs hinaus kulinarischen Ruhm.
Berliner Spezialität
Den gönnen wir ihm natürlich – möglich ist aber auch, dass der Begriff Kasseler vom französischen Wort Casserolle stammt. Dieser flache Stieltopf wird in der französischen Küche zum Schmoren von Fleisch verwendet und kam wohl einst mit den französischen Hugenotten nach Berlin. Um das Jahr 1700 waren rund 20 Prozent der Berliner hugenottischer Abstammung. Beide Wortherleitungstheorien zusammen sind ein starkes Argument dafür, dass Kasseler eine Berliner Spezialität ist. Als typisch deutsches Gericht gilt Kasseler mit Sauerkraut, aber auch mit mediterranen Gewürzen oder asiatischen Zutaten lässt es sich vielfältig zubereiten. Oder wie wäre es mit unserem Rezept für Grünkohl-Pie mit Kasseler auf der folgenden Seite? Natürlich darf Kasseler als fester Partner zum Grünkohl nicht fehlen. Ursprung hin oder her – das hätte sicher auch Metzgermeister Cassel geschmeckt.
Rezept