Edle Asche
Ein dunkler Strich zieht sich waagerecht durch den Laib des Morbier, der auch als „der Käse mit der Ascheschicht“ bekannt ist. Der halbfeste Schnittkäse wurde dank seiner Qualität, seines originellen Aussehens und seines würzigen, aber angenehmen Geschmacks zu einem der erfolgreichsten französischen Käse auf dem deutschen Markt.
Foto(s): Frederik Röh, Henrik Matzen
„Der Morbier ist schon etwas Besonderes. Für mich gehört er auf einer exquisiten Käseplatte unbedingt dazu. Am liebsten esse ich ihn als Käsehäppchen, wie die Franzosen, mit frischem Baguette und Wein. Was viele nicht wissen: Der cremige Morbier ist ein prima Raclettekäse. Neulich habe ich damit meine Pasta überbacken – ein Traum!“
Nicole Goldam, Käseexpertin im famila-Warenhaus Stade
Die Heimat des Morbier ist das Jura-Gebirge, genauer das Departement Haut-Doubs. Die Mittelgebirgslandschaft namens Franche-Comté zieht sich entlang des Flusses Doubs an den westlichen Abhängen des Gebirges. Schon zu Zeiten der Römer haben die Gallier hier Käse hergestellt. Später, im 7. und 8. Jahrhundert, bauten Benediktinermönche diesen Produktionszweig weiter aus, und so führt die Geschichte zum „Vorfahren“ des Morbier, dem Hartkäse Comté. Wiederum ein Ahn des Comté war der Gruyère, dessen Herstellung im Jura-Gebirge schon lange vor der Einführung des Christentums bekannt war. Die Mönche entwickelten die alten Rezepturen weiter, und so entstand der Comté, noch heute eine kulinarische Berühmtheit. Aber nun zum Morbier.
Frischhaltetechnik von früher
Das Klima der Franche-Comté ist außergewöhnlich, es kann dort im Winter sehr kalt werden. Bis minus 50 Grad wurden bereits gemessen, sodass die Gegend auch als „französisches Sibirien“ bezeichnet wird. Die besonderen klimatischen Verhältnisse schufen eine robuste und reichhaltige Flora. Eine Besonderheit der Region ist auch die hier heimische Rinderrasse namens Montbéliard, deren Milch qualitativ hochwertig und weniger fetthaltig ist. Für einen Laib Comté-Käse werden etwa 500 Liter Rohmilch benötigt. Daher mussten die Bauern, die in den Sommermonaten diese großen Laibe produzierten, anders planen, denn im Winter hielten sie nur ein oder zwei Kühe für den Eigenbedarf auf den Almen. Sie produzierten daher morgens, direkt nach dem Melken, kleinere Laibe. Um den Käsebruch vor dem Austrocknen und vor Insekten zu schützen, wurde er mit gesiebter Holzkohlenasche aus dem Kamin bestreut, einem uralten pflanzlichen Arzneimittel. Nach dem Melken der Abendmilch wurde dann die Form mit dem daraus gewonnenen Bruch aufgefüllt – und „voila!“, so entstand der Morbier.
Traditionelle Herstellung
Noch bis in die 1950er-Jahre wurde der Morbier nur für den Eigenbedarf hergestellt oder regional verkauft. Wie gut, dass er dann auch nach Deutschland kam. Der zartschmelzende Käse mit 45 Prozent Fett in der Trockenmasse entsteht aus Rohmilch und ohne Zusatzstoffe. Die verzehrbare Naturrinde wird regelmäßig gebürstet und mit Salzwasser gewaschen, während der Käse mehrere Monate reift. Je länger die Reife, desto herzhafter der Geschmack. Heute kommt die Ascheschicht garantiert nicht mehr aus dem Kamin, sondern aus geprüften Quellen. Aber der traditionelle Morbier stammt nach wie vor aus den Käsereien des Jura-Gebirges.