Ein köstlicher Unfall
Foto(s): Frederik Röh, Henrik Matzen
„Der außergewöhnlich gute Geschmack des Gwitterchäs kommt auf einem frischen Zwiebelbrot mit Butter am besten zur Geltung. Dazu noch eine Tomate und das Ganze überbacken – das ist sehr lecker.“
Dajana Kleinschmidt, Käseexpertin im Markant-Markt Hagenow
Die Stimmung in der Käserei der Familie Güntensperger in Bütschwil war sehr geladen an diesem Morgen im Jahr 2014 – ein Tag, der in die Firmengeschichte eingehen sollte. Es gab sehr viel zu tun, und wie es bei Hochbetrieb nun manchmal ist: Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler.
Donnergrollen in der Käserei
In der Hektik passierte einem der Käsemacher ein Missgeschick. Er stellte in der Käseproduktion der laufenden Charge aus Versehen den Fettgehalt viel zu hoch ein und fügte zu viel Rahm hinzu. Als der Fehler bemerkt wurde, „wussten wir nicht, was wir mit dem Produkt machen sollten und vergaßen die Käse im Reifekeller“, wird aus der Käserei berichtet. Rund sieben Monate später wurden die vermeintlich missglückten Laibe dort wiederentdeckt. Zum Glück, denn „wir probierten diesen Käse und waren begeistert“. Als Zufallsprodukt war eine neue Käsesorte entstanden, die sich als etwas besonders Gutes herausstellte. Und in Erinnerung an die explosive Stimmung in der Käserei, als der Fehler entdeckt wurde, erhielt diese Sorte ihren ungewöhnlichen Namen: Gwitterchäs, zu deutsch Gewitterkäse.
Außergewöhnlicher Geschmack
Der Gwitterchäs sollte eigentlich ein strammer Bergkäse werden, wie er im Toggenburg-Tal in der Ostschweiz, wo der Ort Bütschwil liegt, traditionell hergestellt wird. Die Kuhmilch dafür wird von den Bergbauern geliefert. Durch seinen hohen Fettgehalt von 57 Prozent in der Trockenmasse ist daraus nun ein zwar schnittfester, aber außerordentlich rahmig-cremiger und elfenbeinfarbener Käse entstanden, der auf der Zunge zergeht und durch seinen rassig-würzigen Geschmack aus der Masse hervorsticht. Die großen, runden Käselaibe, deren geschmierte, goldbraune Rinde übrigens aus Geschmacksgründen nicht zum Verzehr geeignet ist, sind nach sieben Monaten Reifung laktosefrei.
Käsemacher aus Familientradition
Schon die dritte Generation der Familie Güntensperger produziert Käse in ihren Käsereien in Bütschwil, Mettlen und Bodmen. Die Leidenschaft dafür begann 1960, als Großvater August Güntensperger eine kleine Molkerei in Mettlen übernahm, die wiederum fast 100 Jahre alt war. Hier begann er mit der Produktion von Appenzeller Käse, ab 2005 wurden die ersten eigenen Spezialitäten entwickelt. Heute produziert die Käserei eine Serie handgemachter Käse aus Kuh- und Ziegenmilch. Der vermeintliche „Unfall“ Gwitterchäs erwies sich im Nachhinein als Glücksfall. Wer einen cremigen und würzigen Käse mit guten Schmelzeigenschaften mag, wird vom ihm hellauf begeistert sein.