Käse aus Feuer und Rauch
Sylt hat was. Die beliebte Urlaubsinsel in der Nordsee kann auf vielen Gebieten punkten, sogar mit einer begehrten Käsesorte. Von Sylt stammt die Idee des Biikesäis. Den aromatischen Rauchkäse kennen und lieben viele Nordfriesen – und ihre Gäste nehmen ihn gern mit nach Hause.
Foto(s): Frederik Röh, Henrik Matzen
„Der Biikesäis gehört für uns hier in Nordfriesland zum Biikebrennen im Februar unbedingt dazu. Traditionell gibt es diesen Käse nach dem deftigen Essen. Aber wir mögen ihn das ganze Jahr über. Ich persönlich esse ihn am liebsten am Stück.“
Jörg Wilhelm Eldagson, Käseexperte im famila-Warenhaus Westerland/Sylt
Der Biikesäis ist ein Käse mit besonderer Geschichte. Sein ungewöhnlicher Name entstammt der nordfriesischen Sprache, und der Genuss des Käses ist untrennbar mit einem traditionellen Fest verbunden. Jedes Jahr am 21. Februar feiert man auf Sylt ebenso wie auf den anderen nordfriesischen Inseln und an der Küste das Biikebrennen, bei dem der Winter vertrieben wird. „Biike“ ist das friesische Wort für alte germanische Feuerzeichen, und die „Biiken“ sind Plätze, auf denen Pflanzenabfälle, praktischerweise vor allem die ausgedienten Weihnachtsbäume, verbrannt werden. Auf einem Pfahl in der Mitte des Brennguts sind ein altes Fass oder eine Strohpuppe befestigt. Mit Musikbegleitung und Fackelzügen wandern die Menschen zum Festplatz. Es werden Reden gehalten, und wenn das Kommando zum Anzünden ertönt („Tjen di Biiki ön!“), fliegt die erste Fackel. Schnell brennt alles lichterloh.
Zum Abschluss gibt‘s Grünkohl
Sobald das Fass oder die Puppe vom Pfahl ins Feuer stürzen, ist der Winter vertrieben. Gelöscht wird auch – mit heißen oder hochprozentigen Getränken. Und es gibt Deftiges zu essen: Wenn das Feuer heruntergebrannt ist, trifft man sich traditionell zum Grünkohlessen. Den Abschluss des Schmauses bildet der Rauchkäse. Wie der Rauch zum Feuer gehört der Biikesäis beim Biikebrennen dazu. Der uralte Brauch, auf diese Weise das nächste Frühjahr einzuläuten, stammt aus germanischen Zeiten und wurde im Jahr 2014 in das Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO in Deutschland aufgenommen.
Auf Buchenspänen kalt geräuchert
Erhältlich ist der Biikesäis vom Meierhof Möllgaard in Hohenlockstedt, der Heimat vieler exquisiter Spezialitäten von der Käsestraße Schleswig-Holstein. Der Schnittkäse aus Kuhmilch weist 55 Prozent Fett in der Trockenmasse auf. Während der Reifung bildet sich eine Schlitzlochung, ähnlich wie die beim Tilsiter. Der Käse bleibt für fünf Wochen im Reifekeller und wird danach für 24 Stunden über Buchenholzspänen bei 20 Grad kaltgeräuchert. Dadurch erhält der Biikesäis eine sogenannte Rauchrinde, über die eine Wachsschicht gezogen wird – bitte vor dem Verzehr entfernen. Unter der Wachshaube darf der Rauch weitere drei Wochen einwirken. Das Ergebnis ist eine aromatische bräunliche Naturrinde, die geschmacklich an Räucheraal erinnert. Die norddeutsche Spezialität passt zu Bier, Wein und Punsch, als Brotbelag, auf Käseplatten und natürlich zum Schließen des Magens nach dem Grünkohlessen anlässlich des Biikebrennens.