Asiatische Festtafel
Es ist wie Urlaub für Nase, Gaumen und Lebensgefühl: Wenn drei leidenschaftliche Köchinnen aus Asien an der kühlen Kieler Förde zusammenkommen, wird es emotional. Schon der Duft von Safran, Curry, Kardamom und Rosenwasser verzaubert alle. Aber was hat Tischtennis damit zu tun?
Foto(s): Frederik Röh
Na Xie
Kiel ist ein Stück Heimat für die 48-Jährige geworden. Es ist schon fast ein Vierteljahrhundert her, seit Na Xie aus China nach Deutschland kam. „Hier habe ich meinen Mann kennengelernt und meine Tochter zur Welt gebracht“, erzählt die Finanzberaterin. Mit ihrer Familie lebt sie in einem Haus nah am Nord-Ostsee-Kanal. „Wir pflegen unsere schönen Traditionen – vor allem, wenn wir kochen“, erzählt sie. In ihrer Freizeit spielt sie leidenschaftlich gern Tischtennis – oft und gern mit den beiden anderen Kochrunden-Teilnehmerinnen.
Anubha Nissanka
Den Sonnenschein aus ihrer Heimat Sri Lanka trägt Anubha immer bei sich: Die 48-Jährige strahlt ihre Mitmenschen freundlich an und hat für sie immer ein liebes Wort übrig. „Ich fühle mich wohl im Norden Deutschlands“, erzählt die Mutter von zwei Kindern. Mit ihrer Familie lebt sie seit fast 20 Jahren in Kiel und arbeitet in einem Kindergarten. „Unsere beiden Kinder musizieren gern. Wir lieben klassische Musik – und köstliches Essen“, erzählt Anubha und fügt hinzu: „Tischtennis ist mein großes Hobby.“
Elham Rahnama
Für die gebürtige Iranerin gehört gutes Essen zur Lebensqualität dazu: „Aus meiner Heimat habe ich viele leckere Rezepte mitgebracht, wir kochen die traditionellen Gerichte liebend gern“, erzählt Elham in fließendem Deutsch. Leider musste die Mutter von zwei Kindern vor zehn Jahren aus ihrem Heimatland flüchten. Heute arbeitet sie in Kiel freiberuflich als Job-Coach und zudem angestellt bei einer Bank. Auch Elham ist 48 Jahre alt und liebt das Tischtennisspielen – was für ein harmonisches Trio!

Genau genommen ist es nicht die Liebe zum genussvollen Essen, die Na, Anubha und Elham an diesem Sonnabend in einer Kieler Küche zusammengebracht hat. „Tischtennis!“, erklärt Anu, wie Freunde die fröhliche Frau aus Sri Lanka nennen. Sie blickt vielsagend und schmunzelt, die anderen lachen mit. „Wir drei spielen mit Herz und Seele Tischtennis im selben Kieler Verein“, ergänzt Na, die aus China stammt, wo Tischtennis Volkssport ist. Beim Spiel an der Platte haben sich die Frauen angefreundet, ergänzt Elham. Heute stellen sich die Hobbyköchinnen zum ersten Mal gemeinsam an den Herd – und verknüpfen damit ganz nebenbei die Genusskulturen aus drei unterschiedlichen Ländern des riesigen asiatischen Kontinents.

Wer an den Fernen Osten denkt, bei dem dampft meist flockiger Reis vor dem geistigen Auge. Doch heute wird so manches Klischee geradegerückt: Weder Na aus China noch Anu aus Sri Lanka setzen auf Reis als Beilage. Stattdessen: chinesischer Glasnudelsalat als Vorspeise und String Hoppers für das scharfe Hühnchencurry als Hauptgericht. Wie bitte? String Hoppers? „Das liebt jedes Kind in Sri Lanka“, sagt Anu und lacht. Die selbst gemachten Reisnudel-Nester werden traditionell mit einer speziellen Presse hergestellt und im Dampfgarer schonend zubereitet. Alternativ kann man aber auch fertige Reisnudeln im Topf garen. Im Kontrast dazu zaubert Elham heute einen persischen Reispudding als krönenden Abschluss des Drei-Gänge-Menüs im Asian Style. Eine Wundertüte voller Zutaten haben die Köchinnen mitgebracht – darunter die Wohlgerüche, die viele mit Fernweh und exotischen Kulturen verbinden: Chinagewürz, Koriander, Knoblauch und Sojasoße hat Na für ihre Vorspeise ausgepackt. Hinzu kommt der typisch orientalische Safranduft, den Elham noch mit Rosenwasser, Kardamom und Zimt ergänzt. Wie Sri Lanka die Nase kitzelt, demonstriert Anu mit einem großen Korb voller Geheimnisse: „Wir lieben Gewürze, und es sind wirklich sehr viele.“ Die originale Rezeptliste kann schon mal überfordern – wir müssen etwas abspecken und das eine oder andere Gewürz streichen, damit das Gericht leichter nachzukochen ist.
Es duftet nach den wichtigsten Bestandteilen einer Currymischung: Kurkuma, Kreuzkümmel, Koriander. „Auf Garam Masala sollten wir ebenfalls nicht verzichten“, meint die erfahrene Hobbyköchin Anu. Diese traditionelle indische Gewürzmischung besteht aus Zimt, Kardamom, Kreuzkümmel und Pfeffer. Und dann sollen zusätzlich noch Curryblätter das Hühnchen veredeln? Anu nickt. Obwohl sie vom Currybaum stammen, haben sie kurioserweise nichts mit dem gleichnamigen Gewürz zu tun. Stattdessen schmecken Curryblätter einzigartig herb, etwas nach Anis und Zitrusfrüchten. Als ebenso unkomplizierte wie leckere Gemüsebeilage bereitet Anu heute Linsencurry zu.
Inzwischen wirbeln die Töpfe und Schneidebretter wild durcheinander, vier Herdplatten werden gleichzeitig aktiviert, es wird gefachsimpelt und viel gelacht. Man kann tatsächlich immer dazulernen, wenn Könnerinnen aus verschiedenen Kulturen gemeinsam kochen. Etwa, dass klassisches Curry – tatsächlich ein heißes Thema heute – in der chinesischen Küche überraschenderweise keine große Bedeutung habe, erzählt Na. „Dafür gehören unbedingt getrocknete Mu-Err-Pilze aus meiner Heimat in den Glasnudelsalat.“ Sie sind das i-Tüpfelchen des vegetarischen Salats mit gekochten Glasnudeln, Möhren, Paprika und Lauchzwiebeln. Nach den fernöstlichen Gaumenfreuden der ersten beiden Gänge serviert Elham schließlich eine Adventsüberraschung auf persische Art: lauwarmen Safran-Reispudding, garniert mit Mandelstiften, die in dieser Kochrunde liebevoll aus ganzen Mandeln geschnitten werden, aber natürlich auch fertig gekauft werden können. Obendrauf kommen Zimt und kleine Rosenblüten. Mit der goldgelben Farbe zaubert das Dessert eine warme Atmosphäre auf die Festtafel im kühlen Kiel.
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