Bestes Teamwork
Drei erfolgreiche Geschäftsfrauen, die es gewohnt sind, zielstrebig zur Tat zu schreiten, stehen in der Küche der Gastgeberin und wollen loslegen – jede für sich. Aber Stopp, dies ist kein Kochwettbewerb, sondern ein Gemeinschaftserlebnis. Na dann … Der Stresspegel sinkt deutlich, die Stimmung wird gleich viel entspannter, und es wird viel gelacht.
Foto(s): Frederik Röh
Aleksandra Pristin
Die Galeristin, die sich selbst bescheiden „Veranstalterin“ nennt, stammt aus Grajewo/Masuren und kam vor fast 40 Jahren als Psychologiestudentin aus politischen Gründen nach Deutschland. Hier musste sie einen neuen Beruf erlernen und traf ihren zweiten Mann Hans, mit dem sie viele Interessen teilt, vor allem die Liebe zur Kunst. Aleksandra lebt für die Kunst und schreibt selbst Lyrik. In ihrem traumhaften Garten auf dem Land bei Hannover veranstaltet sie Skulpturenausstellungen bekannter Künstler – begleitet von Konzerten, Lesungen und Theateraufführungen.
Sabine Müller-Waltle
Die Tirolerin kam zum Studium nach München und der Liebe wegen nach Hannover, wo sie mit Mann und Kindern seit vielen Jahren lebt. Sie ist Diplomdesignerin und sehr gefragt als selbstständige Illustratorin, vorwiegend im Auftrag von Unternehmen, für die sie Prozesse visualisiert, Zielbilder erstellt und Veranstaltungen zeichnerisch protokolliert. Die Alpen vermisst sie nicht allzu sehr, denn die Familie liebt den niedersächsischen Harz. Den größten Teil ihrer Freizeit verbringt Sabine auf dem Rücken ihrer beiden Islandpferde und bei den Bienen, die sie hält.
Yildiz Arslan
Die Steuerberaterin und interkulturelle Trainerin für Führungskräfte hat in Hannover eine international tätige Kanzlei. Ihre Eltern kamen 1964 nach Niedersachsen. „Meine Mutter hat mir traditionell Kochen, Hand- und Gartenarbeit beigebracht, aber ihr war es auch wichtig, dass ich als Mädchen eine Ausbildung mache und eigenes Geld verdiene“, erzählt Yildiz. „Ich habe mich an Büchern, Mitschülern und Lehrern orientiert und wollte immer unabhängig und frei leben.“ Heute reist Yildiz oft beruflich und privat in die Türkei und ist in beiden Kulturen und überall zu Hause.

E inige Stunden später sitzen drei neue Freundinnen am liebevoll gedeckten Tisch, genießen das Essen und unterhalten sich lebhaft bis in die Nacht hinein. Aber der Reihe nach: Aleksandra, Sabine und Yildiz, Businessfrauen aus Region und Stadt Hannover, sind sich vorher noch nie begegnet. Alle drei haben sich perfekt vorbereitet, bringen zum Teil eigene Küchenutensilien mit und inspizieren die schicke Landhausküche der Gastgeberin. Aleksandra, die hier mit ihrem Mann Hans lebt, möchte die Lieblingssuppe des Paares kochen. Sabine aus Österreich, berufstätige Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern, hat ein Rezept mitgebracht, das ihre Familie stets glücklich macht. Lediglich Yildiz ist etwas nervös. Zwar hat sie von ihrer Mutter sehr gut kochen gelernt, aber das Künefe, ein raffiniertes türkisches Dessert, hat sie selbst noch nie gemacht. „Alle meine Freunde haben gelacht und gesagt: ‚Na, du traust dich ja was!’“ Yildiz nimmt die Herausforderung an, öffnet die Packung mit dem Teig, damit er Raumtemperatur annimmt, und greift wie die anderen erst einmal zum Messer, um das Gemüse für Aleksandras Suppe zu schälen und zu schnippeln. Das entspannt und ist ein prima Auftakt zum Kennenlernen. Aleksandra, die vorher schon das große Fleischstück in die Brühe gelegt hat, erklärt den anderen, wie genau die Stücke auszusehen haben: ganz klein und gleichmäßig. Dazu gibt es praktische Tipps: „Möhren, Kartoffeln und Gurken sollten volumenmäßig die gleichen Mengen ergeben. Damit kann man die Suppenmenge nach Bedarf erhöhen oder reduzieren.“ Yildiz betrachtet interessiert das Glas mit den Salz-Dill-Gurken, die eher in der polnischen als in der türkischen Küche zu Hause sind, und lernt: „Von Hersteller zu Hersteller und je nach Saison schmecken die Gurken unterschiedlich, und so wird entweder mehr oder weniger Gurkenwasser benötigt. Demnach wird auch das Nachwürzen mit Salz und Pfeffer manchmal überflüssig“, erklärt Aleksandra.

Yildiz stellt zur Stärkung ein Schüsselchen Baklava auf den Tisch. Sabine schwärmt für diese türkische Süßigkeit, die sie in ihrer Studentenzeit, wie sie sich erinnert, manchmal zu oft genossen hat. Sie hilft Yildiz engagiert bei deren Vorbereitungen, denn ihre Knödel, sagt sie, gehen schnell. Das Toastbrot hat sie bereits zu Hause gewürfelt und im Backofen bei 150 Grad getrocknet. „Man kann auch alte Sonntagsbrötchen nehmen.“ Sie greift zu Handschuhen, schneidet Zwiebeln und bereitet den Knödelteig vor, den sie sehr lange und ausgiebig mit den Händen knetet. Das braucht Gefühl und etwas Geduld.
Es entwickelt sich ein Fachgespräch über Knödel im europäischen Raum. Yildiz berichtet von ihren ersten kulinarischen Begegnungen mit selbst gemachten Kartoffelklößen, die etwas langweilig schmeckten, weil sie nicht wusste, was die Deutschen dazu essen. Und Aleksandra gibt zu, dass sie lange keine normalen Salzkartoffeln auf deutsche Art kochen konnte, aber polnische Gerichte sehr gut beherrschte. Dann wird Yildiz umringt, als sie ihr Teeglas aus dem Gepäck zieht. „Das ist bei uns zu Hause das Universalmaß. Damit funktioniert jedes Rezept.“
Aleksandra hat das Fleisch zerkleinert und in die Suppe gegeben, die nun fast fertig ist. Sabine hat kunstvolle Klöße geformt und in ihren schicken Dampfgarer gelegt. Daher assistieren nun alle der hoch konzentrierten Yildiz, deren Dessert jetzt in die heiße Phase geht. Aus ihrer Tasche zieht sie einen speziellen KünefeTeller aus Aluminium, auf dem das Gericht traditionell gebacken wird. Hier passt die Masse sehr gut in die Pfanne, für größere Mengen kann auch ein Pizzablech zum Einsatz kommen. Yildiz hantiert mit Pfanne und Teller, um den Teigfladen zu wenden – ein Stück Küchenakrobatik. Alles geht gut, sie ist glücklich und verrät, dass ihr Vorname auf Deutsch „Stern“ bedeutet und der Nachname „Löwe“. So hat sie hier gekämpft und es geschafft! Die anderen gratulieren, jetzt kann diniert werden – köstlicher Auftakt zu einem wundervollen Abend mit neuen Freundinnen.
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