Frauenpower von der Insel

Gute Milch, kurze Wege, schonende Verarbeitung, Erhalt der Inhaltsstoffe, Zeit für Reifung: Das Credo der Rügener Inselfrische sorgt dafür, dass Quark, Joghurt und Frischkäse wie früher schmecken.

Foto(s): Jeanette Krüger

Eintritt ins blaue Schwedenhaus in Poseritz auf der Insel Rügen. Wie gemütlich es hier ist mit dem liebevoll gestalteten Hofladen und dem Café mit hellem Wintergarten, wo der Blick ins Grüne schweifen kann. Durch eine Hygieneschleuse gelangt man in die Molkerei. Andrea Lange zupft Frischkäse aus der blauen Wanne, rollt die Masse mit ihren Händen zu Mini-Bällchen, legt sie sorgsam in kleine Behälter, füllt gewürztes Rapsöl auf und drückt den Deckel zu. Auf dem Etikett leuchtet knallgelb ein strahlendes Frauengesicht mit wehendem blonden Haar: das Markenzeichen der Rügener Inselfrische. Der Name ist Programm. „Frischer geht‘s nicht“, sagt Produktionschefin Caroline Rahm. „Was wir in unserer kleinen Molkerei auf der Insel herstellen, sind leckere Milchprodukte der kurzen Wege.“ Die 400 Kühe, die die Milch zur Inselfrische liefern, stehen gleich auf der Weide nebenan. Immer mittwochs arbeitet die 34-Jährige selbst an der Maschine, die sie liebevoll „Trixi“ nennt und mit der sie den Frischkäse herstellt. „In solch einem kleinen Betrieb, wo viel Handarbeit
an der Tagesordnung ist, muss man auch selbst im Produktionsprozess stehen“, betont die junge Frau, die genau wie ihre Mutter Agrarwissenschaften studiert hat.

Eine Frau mit überzeugender Idee

Ihre Mutter, Dr. Sylva Rahm-Präger, hatte die Idee. Sie arbeitete einst als Wissenschaftlerin in Berlin und Hannover. Nach der Wende bekam sie Sehnsucht nach Rügen, wo sie aufgewachsen war, und Sehnsucht nach Quark, der wie früher schmeckte. Abseits der Touristenpfade, im kleinen Örtchen Poseritz, entdeckte sie den stillgelegten Abferkelstall, die Grundlage für ihre Geschäftsidee. Entkernen und Umbau des alten Stalls war die eine Sache, die überzeugung der Banken eine andere. Aber offensichtlich war ihr Konzept, gesunde Milchprodukte ohne Konservierungsstoffe herzustellen, überzeugend. 1997 konnte sie mit dem Teilabriss und dem Aufbau der Molkerei beginnen. 144 Kubikmeter Beton wurden abgetragen und entsorgt. Nach einer Bauzeit von 14 Monaten stand die moderne Anlage zur Produktion von Milch, Quark und Joghurt. Im Mai floss die erste Milch durch die neuen Leitungen, die EU-Zulassung wurde erworben und seitdem einmal im Quartal erfolgreich erneuert. „Aber ein Spaziergang war das alles nicht“, sagt Caroline Rahm, damals ein zehnjähriges Kind, noch immer voller Bewunderung über die Tatkraft ihrer Mutter.

Hofladen, Café und Wintergarten

2008 konnte wiederum investiert werden. Der Hofladen und das Café wurden gebaut. Die Produktion bekam eine Abfüllstation und wurde um eine 2.000 Liter Milch fassende Quarkwanne erweitert. Fünf Jahre später erhielt das Café sogar noch einen Wintergarten mit 24 Plätzen. Die Molkerei hatte ihr endgültiges Gesicht bekommen, und der Produktionsalltag nahm seinen Lauf. Am frühen Morgen wird die etwa fünf Grad kalte Milch angeliefert, 8.000 Liter sind es in der Woche, 400.000 Liter im Jahr. Die Anlage beginnt zu rattern. Durch Metallrohre fließt die Milch in die Molkerei, wird auf ihrer Tour für drei Sekunden auf 74 Grad erhitzt, um Bakterien abzutöten, dann sofort wieder abgekühlt. „Eine schonende Methode“, sagt die junge Produktionschefin, die auch für das Marketing verantwortlich ist. „Bei uns wird die Milch nur pasteurisiert und nicht homogenisiert, sodass sie wieder aufrahmen kann.“ Im großen Bottich arbeiten schon Lab und Milchkulturen. Die Dicklegung der Milch hat begonnen, die Bruchmasse entsteht. Dann wird die Molke vom Quark getrennt. Für Joghurt gelangt die Milch nach der Zwischenablagerung in einen Erhitzer und wird dann unter Zugabe von Joghurtkulturen fermentiert. „Wir stellen Joghurt wie vor 100 Jahren her“, erzählt Caroline Rahm.

Feines aus Frischkäse

28 Milchprodukte stehen zurzeit auf der Angebotsliste der Rügener Inselfrische, neben Frischmilch, Joghurt und Quark auch die besonders beliebten Frischkäsebällchen mit Kräutern oder Knoblauch sowie weitere würzige Frischkäsezubereitungen. 13 Mitarbeiterinnen haben einen dauerhaften Arbeitsplatz auf der Insel gefunden. Caroline Rahm und ihre Mutter brennen für Rügen und ihr Unternehmen, und sie wollen Menschen für gesunde Lebensmittel begeistern. Ohne diese Leidenschaft hätte sich solch eine Erfolgsstory auch nicht schreiben lassen. Käsebällchen in Knoblauch, in Kräutern, Bärlauch, Paprika oder Chili und Frischkäsezubereitungen mit Bärlauch oder Kräutern sind erhältlich bei famila in Bergen und Stralsund/Strelapark sowie bei Markant in Stralsund.

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