Gebrannt mit Herz und Hand
Eine Schnapszahl musste es sein. Birgitta Schulze van Loon gründete „Piekfeine Brände“ in Bremen am 11.11.2011 um 11.11 Uhr und begann mit acht Bränden. Heute gehören weit über 50 verschiedene Spirituosen ins Portfolio. Die Frau mit der feinen Nase hat sich mit Erfolg in einer Männerdomäne etabliert.
Foto(s): Frederik Röh
Voraussetzung für einen edlen Brand, der in der gläsernen Manufaktur in der Überseestadt produziert wird, sind beste Rohstoffe. „Unser Obst beziehen wir, wenn möglich, direkt aus der Region“, erklärt Birgitta Schulze van Loon. „Wir bevorzugen die Apfelsorte Finkenwerder Herbstprinz aus dem Alten Land oder Quitten aus Privatgärten.“
Brennen – kniffliges Handwerk
Im Kessel schäumt die Maische. Schläuche, Rohre, Eimer und Pumpen prägen das Bild. Die Stahltanks sind auf Hochglanz poliert. Expertin Birgitta Schulze van Loon eilt zwischen den Kesseln hin und her und verfolgt den Ausschlag der Zeiger auf den Schaltuhren. Das Brennen ist eine knifflige Angelegenheit. Kontrollierte Vergärung unter Säureschutz und Sauerstoffausschluss ist nur ein Schritt. Hinzu kommt die energie- und zeitaufwendige doppelte Destillation nach dem Rau- und Feinbrandverfahren. Auch die sehr genaue Abtrennung von Vorlauf (Methanol) und Nachlauf (Fuselöle) ist besonders, um das Herzstück, den Mittellauf (Ethanol), zu gewinnen. „Es geht um das richtige Spiel von Temperaturen und Mengenverhältnissen, um Mathematik und chemische Prozesse“, sagt die Chefin der Brennerei.
Voraussetzung ist eine gute Nase
Bevor Birgitta Schulze van Loon auf den Schnaps kam, arbeitete sie 20 Jahre als studierte Betriebswirtin in einer Hamburger Unternehmensberatung. Mit der Finanzkrise musste sie gehen, fand in ihre alte Heimat zurück und verwirklichte ihren Lebenstraum. „Ich hatte schon immer eine gute Nase“, erzählt sie. Bevor sie ihr Start-up am besagten Schnapstag gründete, ließ sie sich in Süddeutschland zur Brennerin ausbilden. Ihr Pioniergeist hat sich ausgezahlt. Schon im zweiten Jahr der Gründung gewann sie für ihren Schlehenbrand die erste Auszeichnung. Seitdem hat sie viele Preise erhalten und sich als Botschafterin für feine Trinkkultur einen Namen gemacht. Sie beschäftigt neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und brennt 7.500 Liter Hochprozentiges im Jahr, darunter den prämierten Birnenlikör, Orangenlikör mit Single-Malt und Triple Peak Gin. „Ich experimentiere gern“, sagt die Mutter von zwei erwachsenen Kindern und verweist auf Rosalie, einen Aperitif mit Likör aus Friesenrosen, Erdbeeren und Bitterorangen oder auf den London Dry Gin mit drei nordischen Wildfrüchten und Earl-Grey-Tee. Für den Sylter Gastronomen Johannes King kreierte sie einen Selleriegeist. Ihre Obstbrände, Obst- und Nussgeiste, Liköre, Bitter, Single-Malt-Whiskeys, Gins und Rums sind längst in der Sterneküche angekommen. Piekfein bedeutet ja auch edel.
Erhältlich bei famila in Osterholz-Scharmbeck und Weyhe.