Kulinarischer Perspektivwechsel
Gewohnte Prozesse einfach mal umzudrehen, kann auch in der Küche neue Perspektiven eröffnen: Beim rückwärts gegarten Rib-Eye-Steak wandert das Fleisch zuerst in den Ofen, und das scharfe Anbraten folgt erst zum Schluss. Ergebnis dieser schonenden Zubereitung: butterzarter, supersaftiger Steakgenuss.
Foto(s): Frederik Röh, Henrik Matzen
„Bei mir gilt: Wenn ich Rindfleisch grille, dann am liebsten ein Rib-Eye-Steak. Durch das Fettauge ist das Fleisch herrlich saftig und aromatisch. Gewürzt wird bei mir generell erst hinterher, einfach nur mit grobem Meersalz.”
Stephan Puttlitz, Fleischexperte im famila-Warenhaus Quickborn
Der Name Rib Eye (engl. rib für Rippe, eye für Auge) leitet sich vom mageren Muskelstrang des vorderen Rinderrückens (Hochrippe) ab, auch rundes Roastbeef genannt. Umrahmt wird das Muskelfleisch vom fettgewebsreichen Hochrippendeckel. Dieser Aufbau verleiht dem Fleisch den Look eines „Auges”. Die ausgewogene Kombination aus Fettmarmorierung und magerem Muskelfleisch – Kenner sagen: je mehr Marmorierung, desto besser – macht das Rib-Eye-Steak einzigartig geschmacksintensiv und saftig. Übrigens benötigt ein gutes Rib Eye etwa aus US-Herkunft mit Topqualität und buttrig-sahnigem Aroma keine besonderen Gewürze oder Marinaden. Lediglich etwas hochwertiges Salz und ein wenig Pfeffer reichen aus.
Entspannung fürs Steak
Für viele Menschen ist bei der Steakzubereitung das anfängliche scharfe Anbraten in einer heißen Pfanne oder auf dem Grill immer noch ein Muss. Dass es auch anders geht, beweist das Rückwärtsgaren, die sogenannte Reverse-Sear-Methode. Hierbei bekommt das Rib-Eye-Steak zunächst eine entspannende „Wellnesskur” bei relativ niedriger Temperatur im Backofen. Je nach Rezept sind dies zum Beispiel rund 45 Minuten bei 120 Grad. Durch die schonende Ofengarung bei geringer Hitze wird das Fleisch weniger „gestresst”. Die Fasern ziehen sich nicht zusammen, wodurch der Fleischsaft austreten würde, sondern das Steak bleibt wunderbar saftig.
Das Geheimnis der Röstaromen
Erst im Anschluss daran folgt ein kurzer Ausflug in die heiße Bratpfanne oder auf den Grill. So entstehen frische Röstaromen und die gewünschte Hitze zum Servieren. An der Erforschung der Röstaromen hatte übrigens ein gewisser Louis Camille Maillard großen Anteil: Der französische Naturwissenschaftler untersuchte Anfang des 20. Jahrhunderts nicht-enzymatische Bräunungsreaktionen, die vor allem beim Braten und Frittieren von Lebensmitteln entstehen. Er erforschte die komplexen chemischen Prozesse, die für die goldbraune Farbe und den Knusperfaktor verantwortlich sind und die später als Maillard-Reaktion benannt wurden. Genau diese Röstaromen verleihen auch dem Rib-Eye-Steak das perfekte Finish. Eine genussvolle Möglichkeit, statt der klassischen Steakzubereitung mal etwas Neues zu probieren, bietet unser Rezept für ein rückwärts gegartes Rib-Eye-Steak mit Tomaten-Avocado-Salat auf der folgenden Seite. Und wer beim nächsten Steakhaus-Besuch oder in der Grillrunde mit Freunden in puncto Röstaromen mit kulinarischem Fachwissen glänzen möchte, bringt einfach mal die Maillard-Reaktion ins Spiel.
Rezept