Mutters Rezepte sind die besten

Eine kleine Küche unterm Dach, warm und gemütlich. Hier bewirten Manel und Mona aus Tunesien gern Gäste und erinnern sich mit ihren Freundinnen aus Spanien und Syrien an die Lieblingsgerichte aus der Heimat.

Foto(s): Henrik Matzen
Maria García Villa
Maria kommt aus Avilés in Asturien im Norden Spaniens. Sie unterrichtet Mathe und Spanisch an der Internationalen Schule in Hannover. Vorher hat sie schon in Spanien und den USA gearbeitet. Maria möchte gern noch mehr von der Welt sehen. Daher wird sie nicht für immer in Hannover bleiben, das weiß sie schon. Kennengelernt hat sie ihre arabischen Freundinnen – mit denen sie übrigens deutsch spricht, denn die Tunesierinnen sprechen kein Englisch, dafür aber fließend Französisch, was wiederum Maria nicht beherrscht – in einer facebook-Gruppe für ausländische Fachkräfte und bei einem gemeinsamen Ausflug nach Celle.
Rehab Warrak
Seit fünf Jahren lebt Rehab schon in Deutschland, mit ihrem Mann und zwei Töchtern; eine studiert, eine ist Schülerin. Die älteste Tochter lebt in Ägypten. „Gerade bin ich Oma geworden“, strahlt Rehab in die Kamera. Ihre Heimatstadt Aleppo, wo die Eltern wohnen, ist weitgehend zerstört. Da Rehabs Mann die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, wurde Hannover zur neuen Heimat. Rehab würde gern wieder in ihrem Beruf als Zahnärztin arbeiten, wie in Syrien, Saudi-Arabien und Kuwait, wo die Familie vorher gelebt hat. Daher lernt sie eifrig für eine Sprachprüfung, die ihr für die Zulassung hier noch fehlt.
Manel Fnaiech
Manel ist selten ohne ihre Zwillingsschwester Mona anzutreffen. Sie haben auch beide den gleichen Beruf, als Zahnärztinnen arbeiten sie lediglich in verschiedenen Praxen. „Aber das ist okay. Wir lieben unsere Jobs und Hannover.“ Sie wohnen erst seit drei Jahren in Deutschland, haben aber in Wien studiert. Danach ging es für den Abschluss zurück nach Tunesien, wo die beiden quirligen Schwestern eine Gemeinschaftspraxis in der Küstenstadt Mahdia südöstlich von Monastir besaßen. Die wurde verkauft, als es nach Deutschland ging. Warum? Eine Empfehlung von Freunden und eine sehr gute Entscheidung, versichern sie.

Wer die Zwillingsschwestern Manel und Mona besuchen möchte, muss sportlich sein und viele Treppen bewältigen. Die beiden wohnen ganz oben unterm Dach. Wie in einem arabischen Haushalt üblich, ziehen die Gäste vor der Tür die Schuhe aus und bekommen Pantoffeln gereicht. Danach gibt es erst einmal Tee, um wieder zu Atem zu kommen, guten tunesischen Tee mit Pinienkernen. Der Teekessel steht immer auf dem Herd. Zur Stärkung vor dem großen Kochevent stellt Manel noch köstliches arabisches Gebäck auf den Küchentisch, den Mona schon leergeräumt hat – er wird jetzt zur Arbeitsplatte.

Mona möchte nicht kochen und möglichst auch nicht mit aufs Foto. Sie winkt ab: „Unsere Mutter kann sehr gut kochen und Manel auch. Aber ich kann nicht kochen, ich helfe euch nur“, sagt sie und bringt in Windeseile alles in Stellung, was die drei Freundinnen an Küchenzubehör benötigen. Maria zeigt ihr Rezept auf dem Smartphone: „Das hat mir meine Mutter geschickt“, und dann schaltet sie um auf Salsa-Musik, um locker zu werden. „Ich bin keine besonders engagierte Köchin“, sagt sie lächelnd, bindet sich dann aber routiniert eine original asturische Schürze um – „das bin ich von zu Hause so gewohnt“ – und legt los.

Alle drei Damen greifen zum Messer: Maria schneidet Tomaten, Rehab ihre Zwiebel und Manel viertelt die Datteln, die sie für das Dessert benötigt. Danach zieht sie ein Prachtstück aus dem Schrank: eine wunderschöne tunesische Fayenceschale. Es ist nicht einfach, den drei Köchinnen zu folgen, denn alle sind sehr flink, und sobald ein Arbeitsgang erledigt ist, verstaut Mona das benutzte Geschirr blitzschnell in der Spülmaschine. Auch die Musik hat gewechselt. Jetzt hören wir romantische arabische Liebeslieder. Sie müssen sich gegen das Brummen des Pürierstabs durchsetzen, den Maria unermüdlich in ihren Tomatentopf hält. „Es ist wichtig, die Tomaten so gut wie möglich zu zerkleinern“, sagt sie.

Rehab steht am Herd und brät die Zwiebeln und das Rinderhack an. Ozzie, ihre syrischen Teigtaschen, gehören zu den Lieblingsrezepten ihrer Familie, erzählt sie. „Sie sind auch typisch für Syrien. Wir essen sie gern im Ramadan oder bei Familienfesten oder auch mal zwischendurch. Ja, auch zu Weihnachten. Das haben wir in Syrien auch immer gefeiert. Unsere Nachbarn waren Christen, und es ist doch so ein schönes Fest. Hier feiern wir auch immer gern mit“, erzählt sie lächelnd. Am Herd wird es jetzt etwas enger, denn Manel hat ihre Couscousière befüllt, einen speziellen Dämpftopf. Er besteht aus zwei Teilen, einem Sieb und einem Unterteil, in den Wasser gefüllt wird. Manel prüft, ob er auch nicht zu heiß wird. Rehab hat den Reis aufgesetzt. Wie im Orient üblich, brät sie ihn erst eine Minute in heißem Fett an und löscht dann mit Wasser ab. Während er kocht, nimmt sie die Fleischpfanne vom Herd, stellt sie zur Seite und hilft schnell Maria. Die kämpft mit ihrer „Flotten Lotte“. Das ist ein Passiergerät mit Handkurbel, in das der Gemüsebrei gegeben wird.

Jetzt wird klar, warum sie die Schürze umgebunden hat. Mona eilt sofort mit Küchenpapier herbei, um Spritzer aufzufangen. Die rote Flüssigkeit wird in den Kühlschrank gestellt. Die kalte Gazpacho sei keineswegs nur eine Sommersuppe. „Wir lieben sie das ganze Jahr über“, versichert die Spanierin. Der Tisch ist jetzt frei für Rehab, die mit geübten Handgriffen den Blätterteig portioniert und den anderen zeigt, wie syrische Mütter auf geniale Art mithilfe einer kleinen Schale Pasteten befüllen. Auf die runden Ozzies kommt jeweils eine Mandel als Deko, dann geht’s ab in den Ofen. Manel füllt nun ihr Mesfouf wieder in die schöne Schale, die Mona sorgfältig gespült hat, und mixt den Brei mit dem Orangenblütenwasser, dem Zucker sowie den übrigen Zutaten.

Maria dekoriert liebevoll ihre Gazpacho-Portionen und macht schnell ein Suppen-Selfie für Mama zu Hause. Alle trinken noch einen Tee und assistieren dann Manel beim Befüllen der Dessertgläser. Wichtige Erkenntnis der Kochrunde: Das Schichten klappt viel besser, wenn die Puddingcreme schon etwas länger steht und fester geworden ist. Nun sind auch Rehabs Blätterteigpasteten schön hellbraun gebacken und fertig. Ein von Mona liebevoll gedeckter Tisch wartet auf die fröhliche Runde – buen apetito und shahiya tayeba!

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