Kreative Kultur-Komposition
Spezialitäten aus dem Balkan und dem Nahen Osten passen prima zusammen – das beweisen die drei Hobbyköche aus Ungarn, dem Iran und Syrien bei ihrer munteren Kochrunde.
Foto(s): Frederik Röh
Zita Stari
Auch wenn die Ungarin schon 28 Jahre in Deutschland lebt, kocht sie immer noch gern die traditionellen Gerichte aus ihrer alten Heimat. Mit ihrem Mann und zwei Kindern wanderte sie aus dem serbischen Novi Sad aus, wo sie zur ungarischen Minderheit gehörte. Die Bankangestellte musste hier zwar ihren Beruf aufgeben, dafür entdeckte sie ein künstlerisches Talent in sich: „Ich genieße es, als Fayence- Malerin in einer Manufaktur die alte Kultur der Delfter Fliesen wiederzubeleben“, erzählt die 66-Jährige. Außerdem arbeitet Zita Stari als „Mädchen für alles“ im Ernst-Barlach-Museum in ihrem Wohnort Wedel.
Fatemeh Dehnamaki
Seit gerade einmal neun Monaten lebt die Iranerin in Deutschland – gemeinsam mit ihrem Mann, einem Journalisten, und dem 16-jährigen Sohn. Aus politischen Gründen ist die Familie von Teheran nach Schleswig-Holstein geflüchtet. Dank ihres großen Sprachtalents spricht die 41-Jährige schon prima Deutsch. „Ich lerne eifrig und möchte gerne eine gute Arbeit finden“, erzählt die Schneiderin und Freizeitköchin. Ihr Traumberuf hängt mit einem anderen Hobby zusammen: Tanzlehrerin. Zur Lebensfreude gehört für sie gutes Essen, das sie am liebsten in großer Runde mit der Familie und Freunden genießt.
Abdul Thams
Kochen und alte Traditionen der orientalischen Küche interessieren den Architekten sehr, obwohl er seit rund 50 Jahren in Deutschland lebt und arbeitet. Studiert hat er nach seinem Abschied aus dem syrischen Damaskus an der Kunsthochschule in Kiel. Später spezialisierte sich der Architekt auf die Sanierung von denkmalgeschützten Bauernhäusern. Nach Schleswig- Holstein sei er auch wegen der charmanten Damenwelt gekommen, erzählt er augenzwinkernd. So lernte er seine Frau kennen, mit der er in Kellinghusen lebt. Weil Abdul Thams mehrere Sprachen fließend spricht, unterstützt er ehrenamtlich Flüchtlinge bei der Integration.

Normalerweise kochen und verkosten in der Hierleben-Kochrunde drei Hobbyköche aus drei Ländern gemeinsam ihre Kreationen. Doch wenn Menschen mit orientalischen Wurzeln zusammenkommen, bleibt es meist nicht bei dieser kleinen Runde. „Ich habe für acht Personen eingekauft“, erzählt Fatemeh Dehnamaki fröhlich, während ihr Mann die Lebensmittel in Jumbotüten auf den Küchentisch stellt.

Ihre Familie mit dem Sohn ist heute dabei, um zu helfen. Gemeinsam will die Iranerin mit den Hobbyköchen Zita Stari aus Ungarn und dem Syrer Abdul Thams ein kulturübergreifendes Drei-Gänge-Menü zaubern. Und da sich der Autor, der Fotograf und die Gastgeberin nicht lange bitten lassen, ergibt sich nach dem dreistündigen Kochspaß tatsächlich eine achtköpfige Runde, die am großen Küchentisch Platz nimmt. Aber dazu später mehr.

Vorher hat der Gott des Genusses das Auspacken, Schnippeln, Waschen, Abmessen und Abschmecken gesetzt. Weil der Lammeintopf am längsten dauert – immerhin soll das Fleisch rund 90 Minuten köcheln –, beginnt die Runde mit dem Hauptgericht. Als alle Zutaten bereitliegen, geht es an die Zubereitung: Gemüse wird geschnitten, Töpfe mit Wasser kommen auf den Herd, der Backofen wird vorgeheizt. Thema sind jetzt auch schon die schönen Speisen der anderen, die mehr oder weniger parallel vor- und zubereitet werden.

„Meine ungarischen Pogatschen sind schnell gemacht, und man braucht nur wenige Zutaten. Ich kann mit der Vorspeise etwas später beginnen“, sagt Zita Stari, während sie zum Messer greift und zunächst der Iranerin bei der Zubereitung hilft: Das Lammfleisch wird zerteilt, die vorgekochten Kichererbsen und Bohnen werden nach dem Aufkochen gestampft. Am Vortag sollte beides schon in Wasser gelegt werden, damit alles schön weich wird. „Dizi ist ein ganz traditionelles Gericht in Persien, das mehrmals im Monat auf den Tisch kommt. Vor allem die Männer mögen das Lammfleisch gern. Dafür stehen die Frauen lange am Herd“, scherzt Fatemeh Dehnamaki mit einem Seitenblick zu ihrem Mann. Der schmunzelt vielsagend und fasst kräftig mit an. Auch der Syrer Abdul Thams – er ist heute für den Nachtisch zuständig – weiß eine Menge über den traditionellen Lammschmortopf. Er hat ein 50 Jahre altes Kochbuch mitgebracht, in dem die Esskultur des Orients liebevoll erzählt wird. „Dizi führt ein Doppelleben, denn es gibt zwei Varianten“, berichtet der kochfreudige Architekt, der schon seit einem halben Jahrhundert in Schleswig-Holstein lebt. „Wenn es mit Hammelfleisch zubereitet wird, gilt es als Arbeiteressen. Kommt eine Lammschulter zum Einsatz, wird daraus ein Festessen.“ In jedem Fall gehören Kichererbsen, Kurkuma, Tomaten und Zwiebeln dazu.

Der Backofen gibt mit einem Piepton den nächsten Arbeitsschritt vor, das Thermometer zeigt 200 Grad an – die ungarischen Pogatschen können auf dem Backblech in den Ofen. Zita Stari hat die köstliche Gebäckspezialität vom Balkan in einer Variante vorbereitet, die die Leser besonders leicht herstellen können. „Quark, Butter, Mehl und Salz braucht man für den Teig. Und der gelingt immer, denn er braucht nicht wie ein Hefe-Kuchenteig aufzugehen.“ Damit die salzigen Kekse später beim Servieren hübsch anzusehen sind, verziert Zita Stari sie mit einem Karomuster. Ein aufgestrichenes Eigelb lässt die Pogatschen schön glänzen – zum Reinbeißen verführerisch. Die beiden anderen Köche probieren 45 Minuten später schon mal das ofenwarme Ergebnis: So klein das Salzgebäck ist, so umwerfend lecker schmeckt es. Aufpassen! Sonst ist das Blech gleich leer gegessen …

Nachdem das Lammfleisch für die Zubereitung aus dem Schmortopf genommen wird, hat Abdul Thams den Herd für sich und die orientalische Süßspeise Knafe erobert. „Es gibt sie in Dutzenden Arten. Sie wird in vielen Ländern des Orients gegessen.“ Der Syrer wird eine Variante zubereiten, die in seiner alten Heimat üblich war. Eigentlich sollte noch karamellisierter Zucker dazukommen, doch die Herstellung ist etwas kompliziert. „Man kann ihn auch weglassen.“ Doch was zu diesem Festschmaus aus dem Balkan und Orient unbedingt dazugehört: der abschließende gesellige Genuss in großer Runde. Und dazu serviert unsere iranische Köchin den Klassiker Ayran – ein salziges Joghurtgetränk, das zu vielen deftigen Gerichten bestens passt. Guten Appetit!

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